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Eigene Komfortzone: Kirche muss sich bewegen

Es gibt viele Wege, Altes mit neu Gedachtem zu verbinden: Angebote für Kinder, für Senioren, Familien, einen Gang durch die Nacht als Osternacht oder Frauen noch anders einbinden

Auf meinem Schreibtisch steht eine Postkarte mit einem kleinen Spruch, ,,Dein Weg beginnt dort, wo Deine Komfortzone endet". Damit erinnere ich mich immer, dass meine Komfortzone eine Einstellung und ein Ort ist, an dem ich mich wohl fühle. Ich brauche keinerlei Anstrengungen, ich bin sicher und bin vertraut mit dem, was mich umgibt. Aber: ich bewege mich nicht, ich bleibe, ich verharre, ich lasse geschehen, ich entwickle mich nicht. Meine Komfortzone ist ein Zustand, bewegungslos und ohne Ziel.

Ändern sich die Umstände, muss ich meine Komfortzone verlassen. Außerhalb meiner Komfortzone bin ich unsicher, alleine, fühle mich ängstlich. Ein neuer Weg wird beschritten, den ich nicht kenne. Manchmal muss ich meine Komfortzone verlassen. Es geht nicht anders. Neue Wege gehen, die Komfortzone verlassen - auch die Kirche kann das. Auch die Kirche muss das. Es hat etwas gedauert, aber es gibt sie, die neuen Wege, die neuen Konzepte, die ausprobiert werden, in denen Menschen für ihre Kirche, für ihren Glauben ihre Komfortzone verlassen. Dabei steht die Frage des Wie und des Was im Vordergrund.

Wortgottesfeiern Gemeindeleben, und Wortgottesdienste, das Gemeinsame aufrecht erhalten, neue, andere Angebote für Kinder, für Senioren, Familien, einen Gang durch die Nacht als Osternacht, die Kirche als Ausstellungsraum oder Konzertsaal nutzen oder als Bühne für vielleicht einen Poetry Slam? Einen Gottesdienst streamen? Vielleicht auch einmal Gottesdienst open Air oder aber auch on Tour? Laien zu Wort kommen lassen, Frauen noch stärker und anders einbinden, es gibt viele Wege, Altes mit neu Gedachtem zu verbinden, auch hier vor Ort, in meiner Pfarrei Liebfrauen. Und das ist gut so.

Gewiss, es braucht Mut für einen solchen Schritt, und oft haben wir Angst, auf diesem Weg einen Fehler zu machen, aber Gott hat mit unseren Fehlern kein Problem. Vielmehr sind wir es, die nicht das Gesicht verlieren wollen. Es ist ebenso Zeit, Gemeinde neu zu denken, Gott ganz neu zu fragen, was möchtest du? Wie stellst du dir vor, dass wir als deine Gemeinde leben und dich ehren sollen? Und auch moderne Ideen alleine reichen nicht aus. Kirche muss etwas bieten, was über Unterhaltung hinausgeht. Impulse, die in die Tiefe gehen. Ich weiß, das können wir.

Etwas Neues wagen, etwas Neues tun, zu neuen Wegen aufzubrechen, ist nicht neu. für uns, dieser Gedanke und die Idee, ungewöhnliche, unkonventionelle Wege zu gehen, ist tief im christlichen Glauben verankert. Von Abraham, der aufbrach, ohne das genaue Ziel zu kennen, bis letztlich hin zu Jesus: Es gibt zahllose Biographien aus allen Zeiten, die zeigen, dass Christen immer wieder bereit waren, ganz neue Wege zu gehen, ja, sich sogar aufzumachen, wo es noch gar keine Wege gab.

Ich bin daher voller Hoffnung und Zuversicht, dass wir auch diesen neuen Weg schaffen, als Kirche, als Menschen und als Christen und möchte an die Worte unseres Papstes erinnern: „Wir sind aufgerufen, uns nicht zufrieden zu geben, sondern den Herrn zu suchen, indem wir aus unserer Komfortzone heraustreten, mit anderen auf ihn zugehen und in die Wirklichkeit eintauchen. Denn Gott ruft jeden Tag, hier und heute, in unserer Welt." Anja-Christina Rex