In welchem afrikanischem Land war das nochmal? Ich hatte gestern die Meldungen über die Evakuierungen im Sudan zwar in den Nachrichtenportalen gelesen, aber jetzt stehe ich in der Gymnasialkirche mit einem Mikrofon in der Hand und mir fällt partout nicht ein, wo das nochmal war: die zwei Generäle, die die gemeinsam erputschte Macht eigentlich wieder abgeben wollten und jetzt gegeneinander in den Krieg ziehen.
Der Junge mir gegenüber schaut mich erwartungsvoll an. „Für den Krieg in Afrika und die Generäle“, hat er gerade zu mir gesagt, denn ich sammle gerade Fürbitten im Schulgottesdienst der fünften Klassen am Gymnasium Petrinum.
Fürbitten sind ein wichtiger Teil jedes Gottesdienstes. Einer, indem man in Gedanken den Kirchraum verlässt und sich den Ängsten, Sorgen und Nöten anderer widmet. Und etwas tut, was nur Gläubige Menschen für andere wirklich tun können: Für sie beten.
Klassischerweise sind Fürbitten vorformuliert. Entweder aus Büchern oder Internetquellen entnommen oder durch den oder die Leiter:in des Gottesdienstes erdacht. Eine auch weit bekannte Alternative sind freie Fürbitten: Jede:r Teilnehmer:in eines Gottesdienstes hat die Möglichkeit, eigene Fürbitten vorzutragen.
Aber ich habe mit beiden Alternativen immer wieder die gleichen Probleme in Schul- und Jugendgottesdiensten: Vorformulierte Fürbitten laden oft zum gedankenlichen Abschweifen ein. Entweder, weil sie in der Situation nicht wirklich passgenau sind, weil sie zu pädagogisch geraten sind oder weil die Teilnehmer:innen das Gefühl haben, da „liest eine:r nur was ab". Freie Fürbitten hingegen überfordern viele, die keine eingeübte Gebetspraxis haben. Sie sind oft ausschweifend und ziellos formuliert und zudem durchs Mikrofon und ungeübte Sprecher:innen häufig schlecht verständlich.
Meine Lösung dafür ist der Mittelweg: Ich sammle Gebetsanliegen. „Wofür wollt ihr heute beten? Sag mir das Thema und ich formuliere ein Gebet daraus“, sage ich dann. Und die Ergebnisse sind gehaltvoll und berühren mich sehr. In dieser und in der vergangenen Woche beten wir für: Menschen im Krieg in Afrika und in der Ukraine, Erdbebenopfer in der Türkei, kranke Großeltern, Schüler:innen, die auf Klassenarbeitsergebnisse warten. Und für die Cousine eines Mädchens. In der einen Woche wartete die ganze Familie auf ihre Geburt und in der anderen freute sie sich über sie. Es gehen viel mehr Hände hoch, als wir beten können. Viele Schüler:innen sind eigentlich keine geübten Beter:innen. Aber viele haben Anliegen und wollen beten. Die katholische Kirche hat einen großen Schatz an Gottesdienst- und Gebetsformen hervorgebracht. Die meisten davon basieren aber darauf, dass Menschen sie wieder und wieder einüben, in sie ,,hineinwachsen". Dies ist heute, wo für die meisten Menschen Gottesdienst eher ein seltenes, punktuelles Geschehen ist, aber häufig überfordernd - und hält eher vom Gebet ab, als in es hineinzuführen. Welche Formen helfen heute beten?
,,Gott, wir bitten dich für die Menschen, die unter Krieg leiden, in Afrika und überall auf der Welt. Wir bitten um ein Ende von Krieg und Leid. Und wir bitten dich für die Generäle und alle, die Krieg führen. Dass sie die Waffen niederlegen. Gott, wir bitten dich“, sage ich. „Erhöre uns", sagen alle. Und die nächsten Hände gehen hoch. Matthias Grammann