2019 fing es mit einen Weihnachtsgruß an. Den hatte unser Leser Walter Post an die geistREich-Redaktion gesandt. Wider Erwarten beschränkte er sich dabei nicht auf die üblichen guten Wünsche zum Fest. Stattdessen verband er seinen Weihnachtssegen mit einer sehr persönlichen Position zur deutschen Verteidigungspolitik. Er outete sich förmlich als christlich motivierter Pazifist. Daraus entwickelte sich ein Gespräch, bei dem er seine persönliche Friedenspolitik darlegte.
Die Grundlage seiner damaligen Argumente bestand in einer für ihn wichtigen Voraussetzung: „Unter allen Umständen müssen wir jeden Versuch unternehmen, das Leben zu erhalten.“ Als jemand, der sich auf Jesus beziehe, könne er das nicht anders sehen. Weihnachten 2023 nun verfasste Walter Post angesichts der „dramatischen Weltlage“ erneut einen sehr persönlichen Weihnachtsgruß. Genau vier Jahre und zwei neue, brutal geführte Kriege später macht es Sinn, bei einem so nachdenklichen Menschen nachzufragen. Wie steht er zu den Äußerungen, die er damals gemacht hat? Erhält er seine damaligen Positionen noch aufrecht?
Seine ehemals formulierte Aussage, Krieg dürfe niemals ein Mittel der Politik sein, bezieht er nicht auf das Selbstverteidigungsrecht der Ukrainer: „Ein Überfall, gegen den man sich wehrt, als einzelner im persönlichen Leben, wie als Volk im großen Krieg ist verständlich. Das gehört zum Menschsein.“ Zunächst gelte das auch für den schrecklichen Überfall der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung: „Das war ein himmelschreiendes Ereignis. Aber auch dagegen darf man sich wehren.“ Dann jedoch macht der 87-Jährige einen wichtigen Unterschied: „Inzwischen wird dort eine Verteidigung praktiziert, die ein Vielfaches des grausamsten Verhaltens geworden ist. Die dort angewandten Methoden kann ich nicht bejahen.“ Dabei beziehe er ausdrücklich auch die kriegerische Sprache mit ein. Es gehe um ein Töten in Worten und Taten. „Das muss gemindert und gelindert werden. Wer da Einfluss hat, muss alles unternehmen, um die Waffen zum Schweigen zu bringen.“ Gerade vor dem Hintergrund der christlichen und jüdischen Geisteshaltung falle ihm besonders schwer, die derzeitige Gewaltanwendung zu ertragen. „Es wäre ganz schlimm, wenn Netanjahu seine Ankündigung wahrmacht, dass er mit dem Töten erst aufhören will, wenn alle Geiseln frei sind. Das ist eine Bedingung, die ich völlig ablehne, aber ich kann den Mann nicht ändern.“
Im damaligen Gespräch lehnte Walter Post besonders die Bündnistreue ab und plädierte für einen Austritt Deutschlands aus der NATO. „Dafür bin ich jetzt nicht mehr. Die beiden gegenwärtigen Kriege lassen das nicht mehr zu. Weil Putin die Ukraine wirklich angegriffen hat, sage ich heute: Nicht raus aus dem Bündnis. Wir brauchen es.“
Allerdings erlebe er die aktuell notwendige Produktion von Waffen bereits wieder an einem Kipppunkt: „Jetzt entsteht schon wieder die Absicht, größer und stärker zu werden als die andere Seite. Diese Waffen und Zerstörungsmittel, die es gibt und die noch hinzugefügt werden, wollen dann eingesetzt werden. Es geht nicht mehr nur um Abschreckung. Das ist aus meiner Sicht der größte Irrtum, der uns passieren kann.“ Stattdessen setzt er auf jeden kleinsten Ansatz zu Verhandlungen. Diplomatie müsse jede Chance ergreifen. Es müsse jetzt ein Umwenden von alten Vorstellungen erfolgen. Auch die Sprache des westlichen Bündnis' gebe ihm zu denken.
„Ich kann allerdings nicht anders, als in den Entgegnungen der westlichen Politiker das gleiche schlimme Vokabular zu entdecken. Biden verwendet nahezu identische Worte, wie Putin es am Anfang des Angriffs auf die Ukraine verwendet hat. Wie du mir so ich dir.“
Er ziele besonders auf die nachfolgenden Generationen: „Wir haben jetzt die Chancen, die jungen Menschen zu einer Entscheidungsfindung zu verhelfen: Wie will ich mich ganz persönlich beteiligen am Töten. Wer sich dazu entscheidet, weil er sein Vaterland retten will, wird es tun. Aber die anderen, zu denen ich gehöre, können den Krieg nicht verhindern. Wir werden aber nicht mithelfen zu töten, sondern wir werden Verletzten helfen und alle Dienste am Menschen tun, damit so viele wie möglich leben können.“
Joachim van Eickels
Walter Post
• geboren 1936
• verheiratet, drei Kinder
• Einzelhandelskaufmann, Diakon, Sozialtherapeut
• berufstätig gewesen in Hessen, Rheinland-Pfalz und NRW
• von 1974 bis 1988 Mitarbeiter des Diakonischen Werks in RE
• seit 2000 Recklinghäuser Bürger
• als Rentner ehrenamtlich im Hospiz engagiert und in der ev. KG RE-Ost