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Rubens in Recklinghausen in der Propsteikirche St. Peter

Die „Kreuzabnahme Christi“ ist auch in St. Peter zu sehen

FOTO: G. Möllers

Man muss nicht in die großen Museen oder nach Flandern fahren, um auf Peter Paul Rubens (1577-1640) zu stoßen. Was die Kathedrale Antwerpens zu bieten hat, findet sich auch in der Propsteikirche St. Peter zu Recklinghausen: „Die Kreuzabnahme Christi“ als zentrales Gemälde über dem Hauptaltar.

Tatsächlich war der große flämische Meister nicht nur ein begnadeter Künstler, sondern auch ein erfolgreicher Unternehmer. In der Werkstatt des Genies wurden offiziell und seriös Repliken auf Bestellung produziert, so auch dieses Gemälde einige Jahre nach dem von Rubens um 1612 gefertigten Original. Zum Umfeld des Künstlers gehörte auch der Kupferstecher Lucas Vorsterman. Seine kleine Abbildungen von dessen Werken kursierten in Europa, so auch die Darstellung dieser „Kreuzabnahme“ (1620), die heute im Besitz des Instituts für Stadtgeschichte ist. Bestellt wurde das große Gemälde für St. Peter vermutlich in einem der Kunsthandelshäuser der Hansestadt Köln, zu der die Hansestadt Recklinghausen und das kirchlich und weltlich zum Kurfürstentum gehörende Vest enge Beziehungen hatte.

Im Jahr 1617 dokumentiert das Städtische Rechnungsbuch den Auftrag an einen gewissen Claß Meibom zum Transport des Gemäldes von Ruirordt (heute: Duisburg-Ruhrort) mit einem Pferdefuhrwerk nach en Recklinghausen. Nach dem Landtransport über Mechelen, Löwen, Maastricht und Jülich war es nach Köln gebracht und von dort aus über den Rhein nach Duisburg verschifft worden.

Das Original in der Kathedrale von Antwerpen ist das Mittelstück eines größeren Seitenaltars der Schützengilde für ihren Schutzpatron Christopherus. Schloss man die Flügelseiten, so blickte man auf die Gestalt des Heiligen. Die Legende führt den Riesen Stopherus auf der langen Suche nach dem Herrn der Welt“ endlich an einen reißenden Strom. Der mächtige Mann trägt hier Wanderer auf seinen Schultern durch den Fluss, bis er eines Abends ausgerechnet unter der Last eines Kindes fast zusammen bricht. Nach dieser existentiellen Begegnung mit Christus erhält er den Namen Christopherus (Christusträger“). Öffnet man in Antwerpen den dreiteiligen Altaraufsatz, so erblickt man andere Szenen von Christusträgern“: Der linke Flügel zeigt die werdende Mutter Maria, die Jesus in sich trägt. Auf der rechten Seite ist der greise Simeon zu sehen, der bei der Darbringung Jesu im Tempel von Jerusalem das Kind trägt und als Heiland bekennt. Im Mittelteil des Altars - und das ist auch die Szene des Hauptaltars in St. Peter - sind es die trauernden Jünger, die Jesu Leichnam vom Kreuz abnehmen und tragen.

Rubens verbindet die Darstellung des schrecklichen Kreuzestodes mit seinem Glaubensbekenntnis. Die Männer am Kreuz und die betenden Frauen gruppieren sich um den hell aufleuchtenden Leichnam Jesu. Den stärksten Farbkontrast bildet der (blut-) rote Mantel des Johannes, zugleich die Farbe, die bei vielen Auferstehungsbildern gezeigt wird. Alle versuchen als „Mitträger“ den Leib oder wenigstens das Leichentuch zu fassen. Dieses auffallend große Tuch fällt hinunter in Richtung des Altars der Kirche. Tatsächlich verweist dieser dominante „Leib Christi“ des Gemäldes bewusst auf den Altar: Auch dieser ist in Kirchen mit großen weißen Tüchern bedeckt. Denn in jedem Gottesdienst werden dort Tod und Auferstehung Jesu Christi gefeiert. Und im Zentrum der Eucharistiefeier steht die Präsenz des Auferstandenen in Brot und Wein.

So bringt Peter Paul Rubens in dieser Leidens- und Todesszene zugleich seine Überzeugung zum Ausdruck, die heute die Gemeinde als „Geheimnis des Glaubens“ in jedem Gottesdienst bekennt: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit.“ So verweist diese Darstellung des Todes zugleich zeichenhaft auf die Osterhoffnung.

Georg Möllers