Begegnungen mit ihm vergisst man nicht: Álvaro Ramazzini, seit 1988 Bischof von San Marcos, in einer der unterentwickelsten Regionen von Guatemala, entwickelte sich zu einer beeindruckenden Stimme der Armen. Unsere Arbeitsgemeinschaft Eine Welt im Stadtkomitee der Katholiken war von jedem seiner Besuche in Recklinghausen aus Neue beeindruckt: Von der Echtheit und Natürlichkeit seiner Persönlichkeit, von seiner unerschrockenen Offenheit.
Viele Spender unterstützen bei der „Hütte der guten Taten“ sein Engagement für die Flüchtlinge aus Nachbarstaaten, die weiter über das Nachbarland Mexiko in die USA wollten. Der Bischof kritisierte die lebensgefährlichen Abbaumethoden in den Goldminen und die extrem ungerechte Landverteilung. Sein Engagement für eine Landreform zugunsten der Bevölkerungsmehrheit und gegen die Kinderarbeit trugen ihm seit 2008 mehrfach Todesdrohungen ein. Früheren Auseinandersetzungen fielen Ordenspriester und engagierte Katecheten zum Opfer; das jüngste Mordopfer war zwölf Jahre alt. Er stand unter Polizeischutz und an seiner Türschwelle hing der Christustorso aus St. Peter in Recklinghausen. Alvaro Ramazzini war seit 2005 bei der Misereor-Eröffnung in St. Johannes, dann 2008 in St. Peter, im Rathaus und an Schulen ein häufiger und gern gesehener Gast. Er „stieg regelmäßig ab“ in einem Privathaus in König-Ludwig; daraus entwickelten sich persönliche Freundschaften. 2012 war der bescheidene und zugleich eindrucksvolle Priester Gesprächspartner in der Gymnasialkirche.
2019 setzte Papst Franziskus ein Zeichen: Die Ernennung des jetzigen Bischofs von Huehuetenango zum Kardinal setzt ein Rufzeichen hinter das Engagement der Kirche für Menschenrechte und Gerechtigkeit. Auch unser Kontakt riss nie ab: Während des Katholikentages in Münster 2018 war Álvaro Ramazzini real und 2022 bei der Eröffnung der Adveniat-Solidaritätsaktion für Südamerika „digital präsent“ in St. Peter. Nun könnten wir im Herbst die Chance für eine weitere Begegnung in Recklinghausen haben, wenn er einen Rom-Besuch absolviert. Der mutige Priester verdient und er benötigt unsere Unterstützung – gerade jetzt: Es geht um nicht weniger, als das Überleben der Demokratie in seinem Land.
Gerade hat der Kardinal vor einem Rückfall in die Zeiten einer Militärdiktatur gewarnt: Es geht um die Präsidentenwahl, denn der Amtsinhaber darf laut Verfassung nicht erneut antreten. Für die Stichwahl am 20. August aber haben sich der Systemkritiker Bernardo Arevalo de Peon und die Mitte-Links-Politikerin Sandra Torres durchgesetzt. Versuche einflussreicher Kreise, über die Staatsanwaltschaft das Wahlergebnis in Frage zu stellen, wurden von der Wahlbehörde erst nach wochenlangen Verzögerungen abgelehnt. Doch der Kampf geht weiter: „Die Erklärung, die ich aus meinem Glauben und aus meiner Aufgabe als Bischof ziehe, ist, dass es eine sehr große Versuchung im Menschen gibt; und zwar die der Macht, die in diesem Fall auch mit der des Geldes verbunden ist.“ Mit Alvaro Ramazzini steht die Kirche Guatemalas für Rechtsstaatlichkeit, die Verfassung und die Demokratie. Georg Möllers
Am Sonntag, den 24. September, um 11.00 Uhr wird Kardinal Alvaro Ramazzini im Rahmen seines Deutschland-Besuchs in der St. Antonius-Kirche in König-Ludwig einen Gottesdienst feiern.