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Kunst bewegt

Dsa Atelierhaus an der Königsstraße eröffnete 2014

Ilse Hilpert zeigt eine ihrer typischen Grafiken mit dem Titel „dornig“.

Die Ruhrfestspiele sind ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt Recklinghausen. Große Künstlernamen - oft weltbekannt - entdeckt man in ihrem Programm. Ensembles kommen von weither angereist. Allerdings: Nicht nur auf dem auf dem Hügel gibt es Kultur und künstlerisches Tun. Auch in König Ludwig, Königstraße.


Klein, aber fein: Das Atelierhaus Recklinghausen an der Königstraße, im 1895 errichteten Gebäude der evangelischen Volksschule. Im Mai 2014 wurde das Atelierhaus nach umfangreichen Rückbau- und Renovierungsarbeiten eröffnet. Es wird getragen von einem gemeinnützigen Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, im Kontext des aktuellen künstlerischen Diskurses diesen Ort als Kulturstätte in Recklinghausen zu positionieren. 30 Mitglieder - bildende Künstler aus dem Vest - tragen den Verein. Ihr Anliegen ist es, zeitgenössische Bildende Kunst auszustellen, Einblicke in künstlerisches Arbeiten zu geben und so zur Erweiterung herkömmlicher Wahrnehmungsgewohnheiten anzuregen. Aber auch: Veranstaltungen auszurichten, die das soziale Umfeld des Atelierhauses einbeziehen.

Ilse Hilpert hat wie ihr Künstlerkollege Karel Studnar ihr Atelier im Atelierhaus. Sie folgt in ihrem künstlerischen Wirken zwei großen Themen, die ihr ein Herzensanliegen sind: „natürlich-künstlich“ und "reichlich-ärmlich“.

Interessant ist, wie sie zum künstlerischen Tun gefunden hat. Den Grundstein hat wohl ihre Mutter gelegt. Sie war technische Zeichnerin in der Markscheiderei der Zeche König Ludwig. „Von dort brachte sie mir Papier und Stifte mit, setzte mich als kleines Kind fest an den Tisch, vielleicht auch, um mich ruhig zu stellen“, erzählt Ilse Hilpert dankbar lächelnd. „Das war wohl der Anfang meiner ästhetischen Erziehung.“

Sie studierte Kunstpädagogik in Dortmund und war später fast 20 Jahre unter anderem in Ruanda, Bangladesch und in Indonesien in der Entwicklungshilfe tätig. Ihre Erkenntnis aus dieser Zeit: „Man sieht, wie die westliche Welt die sogenannte Dritte Welt ausbeutet. Als Beispiel: Unvorstellbar, wie viel Schrott von uns dort entsorgt wird.“ Darum ist ihr künstlerisches Wirken vom Grundgedanken „reichlich-ärmlich“ geprägt. Ihre andere Themenstellung ist natürlich-künstlich“. Sie hinterfragt die Ehrlichkeit unseres Umgangs mit der Natur, wenn sie sagt: „Bunte Schmetterlinge haben bei uns Menschen immer ein positives Echo, Bienenschutz wird allen immer wichtiger, wenn wir Menschen aber Spinnen sehen, schreien wir auf. Dann ist es aus mit unserer Naturfreundlichkeit.“ Mit ihrem Werk „Rocheneier“, die sie in Holland am Strand gefunden hat, stellt sie diesen Widerspruch künstlerisch dar. Und sie ergänzt: „Kunst ist ein Seismograph und ein Dokument der Zeit. Sie eckt an, stört und wirft Fragen auf. Erst rückwirkend kann man die Tendenz künstlerischen Wirkens erkennen. Die Kunstgeschichte belegt das.“

Und worauf freuen sich alle im Atelierhaus Engagierten in der nächsten Zeit? Ilse Hilpert verrät es mit Stolz: „Der Verein freut sich, zum fünften Mal den Kunstpreis Henriettenglück verleihen zu können. Die Ausschreibung hat den Leitgedanken Vor Ort. Die Jury entscheidet in wenigen Tagen über diesen Kunstpreis der Kulturstiftung der Sparkasse Vest Recklinghausen.“

„Henriettenglück“ war übrigens der erste Name der beiden Bergwerke in König Ludwig, bevor sie „König-Ludwig“ genannt wurden.

Und welche Ziele bleiben weiterhin im Blick? Im sozialen Umfeld des Stadtteils wollen wir anspruchsvolle Ausstellungen zeigen und ansprechende Veranstaltungen ausrichten.“ Aloys Wiggeringloh