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Erkämpft, erbeten und/oder geschenkt?

Die Armenkrankenhaus-Stiftung im Revolutionsjahr 1848

Lageplan des Prosper-Hospitals Kemnastraße von 1926 (Archiv Prosper-Hospital)

Krankheiten wurden zuhause behandelt, wenn man dies privat bezahlen konnte. Der Landphysikus war überfordert; die Armen auf Stiftungen und christliche Nachbarschaft- und Nächstenliebe angewiesen - bis zum Jahr 1848, die Geburtsstunde des heutigen Prosper Hospitals.


Die Ideen der Freiheits- und Befreiungskriege gegen Napoleons Machtanspruch waren zu Beginn des Jahrhunderts durch die Restaurationspolitik der Fürsten unterdrückt worden. Ihre Anhänger, wie Studenten, die Presse oder Professoren wurden unterdrückt, wie der Germanist August Hoffmann von Fallersleben, dem Preußen Professur und Staatsbürgerschaft entzogen. Er hatte den Idealen gegen Kleinstaaterei und Fürstenherrschaft 1841 in seinem Lied der Deutschen“ mit der Parole „Einigkeit und Recht und Freiheit“ Ausdruck verliehen. Im März 1848 brachen sich die Forderungen Bahn; in Berlin und Wien mussten die Regierung den Barrikadenkämpfern entgegen kommen.

Auch im kleinstädtischen Recklinghausen trug die Bürgerschaft die schwarz-rot-goldenen Kokarden der deutschen Revolution. Die preußische Herrschaft seit 1815 war als militaristisch-bürokratische Zwangsherrschaft und auch als antikatholisch empfunden worden. Wurde die rebellische Stadt nach dem Scheitern der Frankfurter Nationalversammlung und der Niederschlagung der Revolution 1849 auch mit der Amtsenthebung von Bürgermeister Franz Bracht und der Verlegung des Kreisgerichts nach Dorsten bestraft, so konnten sie doch einen revolutionären Erfolg verbuchen:

Zu den „Märzforderungen“ hatten nicht nur Freiheitsrechte gehört, sondern auch soziale Forderungen, wie das Recht auf Gesundheit. In Recklinghausen war dies der Wunsch nach einem Krankenhaus für Mittellose. Mit dieser Forderung wandte sich Kaplan Theodor Kemna an den Magistrat und eines seiner Mitglieder, der Arzt Dr. Franz Schneider setzte dies in eine Resolution der Stadtverordnetenversammlung um. Adressat war aber nicht der König von Preußen, zu dem man sowie kein Vertrauen hatte, sondern Prosper Ludwig von Arenberg. Der Herzog war zwar nur kurzfristig von 1803 bis 1811 durch Napoleon als Entschädigung für eingezogene Besitzungen als Landesherr im Vest Recklinghausen eingesetzt worden, aber seither auch einer der größten Grundbesitzer. Auch bei anderen Gelegenheiten, wie der Gründung des Gymnasiums 1829, war der katholische Herzog seiner christlich-sozialen Überzeugung durch Stiftungen gerecht geworden. Auf Platz 1 des Schreibens stand tatsächlich der Wunsch nach einer „wirksamen Beihilfe für unsere armen Kranken und Notleidenden“.

Danach folgten auch Forderungen nach Verlegung des Verwaltungssitzes nach Recklinghausen, Zahlungen an die Kommunalkasse und Abschaffung von Abgaben an die herzogliche Verwaltung. Die darin Tatsache, dass Dr. Schneider, einer der führenden Revolutionäre, auch unverhohlen formuliert hatte, dass die Zeitumstände einen Aufschub kaum gestatten möchten“ und das Schreiben im „Wochenblatt“ des ebenfalls revolutionären“ Verlegers Anton Bauer hatte veröffentlichen lassen, fanden allerdings das Missfallen des Adressaten. Eine weitere Bittschrift aus den Reihen des Kaufmanns Adolf Wicking und anderer Honoratioren, die sich in wohlgesetzten Worten auf die Unterstützung der Sozialeinrichtung konzentrierte, öffnete den Weg zur großzügigen Spende, die das Armen-Krankenhaus ermöglichte.

Der Stiftungsurkunde des Herzogs vom 23. Juni 1848 - vor nunmehr 175 Jahren - zur Errichtung eines Krankenhauses unter späterer Obsorge Barmherziger Schwestern“ wurde mit einen Kapital von 2000 Thalern und einem Jahreszuschuss von 500 Thalern ausgestattet. Herzog Engelbert Maria (1872 bis 1949), Enkel des Gründers, ermöglichte mit der Grundstücksstiftung im „Westrem“ 1919 den späteren Bau des „Neuen Prosper-Hospitals“ auf dem heutigen Gelände des Krankenhauses. Bis heute engagieren sich die Arenberger auch im Stiftungsvorstand.

Auch die Ratspetition hatte bereits um Fachkräfte der erst 1808 in Münster gegründeten Ordensgemeinschaft gebeten. Bereits am 30. Juni begann eine Kommission aus Vertretern des Herzogs, der Kirche, der Bürgerschaft und des Kreisphysikus mit der Planung und ab 5. Juli im angemieteten Haus an der Kampstraße mit den vorbereitenden Umbauarbeiten. Es dauerte dann bis Mai 1849, als mit dem Einzug der Barmherzigen Schwestern Huberta Mors und Martina Rahmkötter das erste Krankenhaus im Vest Recklinghausen seine Arbeit aufnehmen konnte. Es war wohl eine Symbiose aus revolutionärem Elan, pragmatischem Denken und christlicher Barmherzigkeit, die diese bis heute aktive Stiftung ermöglichte. Georg Möllers