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Frag die Jüngeren!

Wie sieht die Zukunft der Messdienerarbeit aus?

Die Kirche hat keine Mitglieder mehr, vertritt rückständige und realitätsferne Werte, hat schlechte Presse, die Sprache ist unverständlich und altbacken, die Liturgieformen sind wenig ansprechend und die Musik ist zu häufig schlecht. Es gibt keine Familien mehr im Gottesdienst, Entscheidungen werden von Senior:innen getroffen, es gibt keine Jugendangebote und die Jugendarbeit ist nicht mehr sichtbar. Messdiener:innen werden vor ihrem Dienst angemeckert, unter Druck gesetzt, zu dienen und stehen alleine am Altar. Sie haben keine bekannten Ansprechpartner:innen vor Ort, sondern stets mit wechselnden Geistlichen zu tun, die keine persönlichen Beziehungen mehr zu den Messdiener:innen knüpfen können.

Das hat die Messdienerleiterrunde Big Peter erarbeitet, die sich an einem Samstag mit der Zukunft der Messdienerarbeit auseinandergesetzt hat. Mit der Kopfstandmethode wurde darüber nachgedacht, was passieren müsste, damit wirklich niemand mehr Messdiener:in sein möchte. Bei der Auswertung ist aufgefallen, wie wenig Phantasie die jungen Menschen gebraucht haben, um die Zustände zu beschreiben, in denen es keine Messdiener:innen mehr gibt. „Wenn ich aufhöre, war es das“, sagt eine Leiterin. Dieses Gefühl haben viele, der Druck ist groß bei den jungen Menschen, die sich für die Messdienerarbeit engagieren. Die große Motivation dahinter ist die Gemeinschaft, die sie selbst erleben durften.

Doch die Messdiener:innen können die Kirche nicht retten. Dabei ist es aus der Perspektive der jungen Menschen offensichtlich, dass Kirche sich verändern muss, will sie (junge) Menschen weiter erreichen. Der Sonntagsgottesdienst ist in seiner strengen Form nichts, was Kinder und Jugendliche heute besonders anzieht. So ist die eine These, die als Ergebnis des Austausches festgehalten wurde, dass katholische Kinder- und Jugendarbeit vor Ort unabhängig von der Tätigkeit „Messe dienen“ gedacht werden sollte. Denn die katholische Kinder- und Jugendarbeit ist wertvoll und zeichnet sich dadurch aus, dass es um Gemeinschaft ohne Leistungsdruck geht, ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche sie selbst sein können und an dem Lebens- und Glaubensthemen einen Platz haben. Damit Angebote funktionieren, müssen die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen (und der Eltern) ihr Ausgangspunkt werden. Sonntags im Gottesdienst hingegen sind die Messdiener:innen heute häufig die einzigen Kinder und Jugendlichen im Gottesdienst. Das spricht nicht dafür, dass dieser Gottesdienst ihren Bedürfnissen entspricht. Die zweite These bezieht sich daher nicht nur auf Kinder und Jugendliche: Messe dienen ist eine Beteiligungsform im Gottesdienst und kann von der ganzen Gemeinde übernommen werden. Denkt man den Dienst der Messdiener:innen als Beteiligungsform der gesamten Gemeinde (und nicht als Dienst der Kinder bzw. Jugendlichen in Liturgieformen, die ihnen nicht entsprechen) so öffnen sich neue Perspektiven, wie Menschen in den Gottesdienst eingebunden werden können. Diejenigen intensiver beteiligen, denen die Sonntagsmesse am Herzen liegt und gleichzeitig die Jugendarbeit mehr auf die Bedürfnisse der Jugendlichen auszurichten - darin könnte eine Hoffnungsperspektive für alle liegen. Sonja Kuhlmann, Matthias Grammann