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Gedenkstätten in Recklinghausen: Gedenken bleibt eine Gegenwarts- und Zukunftsaufgabe

Gedenktafel von Fritz Dietlof von der Schulenburg, KAB-Sekretär Bernhard Letterhaus und den Gewerkschafter Wilhelm Leuschner und Gedenkkirche Maria Regina Martyrum

Gedenkgottesdienst des Stadtkomitees 2023 mit den geweihten Kerzen in St. Peter (Foto: Stadtkomitee)

Die Anklage gegen Wladimir Putin als Kriegsverbrecher hat es wieder ins Bewusstsein gebracht: Niemals dürfen wir zulassen, dass Opfer von Gewalt, Verschleppung und Mord vergessen werden. Niemals dürfen Täter darauf hoffen, mit ihren Taten davon zu kommen. Es geht um eine Kernfrage von Menschlichkeit und eine immerwährende Zukunftsaufgabe.

Gebet der Recklinghäuser Gruppe 2022 mit Sr. Teresia Benedicta in der Krypta von Maria Regina Martyrum (Foto: privat)
Gebet der Recklinghäuser Gruppe 2022 mit Sr. Teresia Benedicta in der Krypta von Maria Regina Martyrum (Foto: privat)

Einer der besonderen Gedenkorte liegt in Berlin unweit der Hinrichtungs-Stätte Plötzensee. In ihr wurden auch die Mitorganisatoren des Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 hingerichtet. An einige wird auch in Recklinghausen erinnert: So an Fritz Dietlof von der Schulenburg (Gedenktafel an der Kleine Geldstraße 4) oder den KAB-Sekretär Bernhard Letterhaus und den Gewerkschafter Wilhelm Leuschner, nach denen Straßen benannt wurden. Plötzensee ist auch der Ausgangspunkt eines besonderen Pfads der Erinnerung", an dem auch die eindrucksvolle Gedenkkirche Maria Regina Martyrum liegt. Gerade erhielten wir ein Schreiben von Sr. Teresia Benedicta Weiner, Priorin des dortigen Karmelitinnenklosters. ,,Danke für das Engagement, danke dass auf diese Weise die Erinnerung an Glaubenszeugen während der NS-Zeit wach gehalten wird!" Gleichzeitig wies sie auf die 60-Jahr-Feier dieser besonderen Kirche im Mai diesen Jahres hin.

Was hat es mit der Kirche und was mit den engen Kontakten der Recklinghäuser zu diesem Ort und seiner Ordensgemeinschaft auf sich? „Errichtet an einer Stätte, wo in dunkler Zeit Todesurteile am laufenden Band vollstreckt wurden, plant ihr ein Heiligtum zu Ehren der Regina Martyrum und zum Gedächtnis jener aus Euren Brüdern und Schwerstern, die damals ihr Einstehen für die Rechte Gottes und des guten Gewissens mit ihrem Blut besiegelt haben" wird Papst Pius XII. am Eingang in das Areal, für dessen Errichtung in allen deutschen Bistümern gespendet worden war, zitiert. Der mit einer übermannshohen Mauer aus Basaltkieselplatten abgegrenzte kopfsteingepflasterte Innenhof weckt dumpfe Erinnerungen an einen Appellplatz der NS-Lager. Der Eindruck wird verstärkt durch den aus Sichtbeton klobig gestalteten Glockenturm. Die einzigen Plastiken in dieser strengen Monumentalität bilden die Kreuzwegstationen mit dem Leidensweg des geschundenen Menschen Jesus. Der Weihe am 5. Mai 1963 folgte am 19. Mai 1982 die Errichtung des Klosters der Karmelitinnen durch zwölf Schwestern des bereits 1964 gegründeten Klosters im KZ Dachau. Diese Ordensgemeinschaft widmet sich in ihrer Spiritualität und den Gebeten der Erinnerung an die Ermordeten. Sie ist in Auschwitz ebenso vertreten, wie nahe der Erschießungswälder bei Riga. Ein zentraler Gebets- und Gedenkort in Berlin ist die Unterkirche mit der Darstellung der Pieta, der Mutter Maria, die ihren ermordeten Sohn auf ihrem Schoß hält. Zu ihren Füßen erinnern Gedenkplatten an Mordopfer, darunter an Dr. Erich Klausener. Der im Vest Recklinghausen unvergessene erste demokratisch gewählte ,,soziale Landrat" war am 30. Juni 1934 als „gefährlicher Katholikenführer" von einem SS-Kommando hinterrücks erschossen worden. Die Familie sah ihn nie wieder, sondern erhielt nur die Asche, die 1963 am Vorabend der Kirchweihe hier beigesetzt wurde. 1992 erhielt das katholische Zentrum an der Kemnastraße den Namen Erich-Klausener-Haus und seit 2012 ist der alljährliche Gedenkgottesdienst für alle NS-Opfer auch mit der Weihe von zwei Kerzen verbunden. In diesem Jahr fand das Gedenken am 29. Januar in St. Peter statt. Von dort wurde eine Kerze an das Kloster bei Riga, die andere nach Berlin verschickt, wo sie in der Krypta am Grab Klauseners unsere Gedenk- und Gebetsverbundenheit mit der Gemeinschaft der Karmelitinnen symbolisiert. So ist dieser eindrucksvolle Berliner Gedenkort auch immer wieder Ziel Recklinghäuser Gruppen, so zuletzt 2022 anlässlich einer Gedenkstättenfahrt der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und des Vereins für Orts- und Heimatkunde Recklinghausen. Georg Möllers