Natürlich ist es schon lange her. Aber ich kann mich noch genau an meine ersten Erfahrungen in der Fastenzeit erinnern. Die Fastenzeit war ein fester Bestandteil im Jahresverlauf. Alle um mich herum, so mein damaliger Eindruck, redeten und befassten sich mit der Fastenzeit.
Der Pfarrer predigte über Buße, Besinnung und Verzicht. Für Eltern und Großeltern war die Zeit von Aschermittwoch bis Ostern einfach, unaufgeregt und normal. Der Speiseplan in den sechs Wochen veränderte sich. Noch weniger Fleisch, keine süßen Nachspeisen, selten Kuchen, für die Eltern kein Alkohol und (weniger) Zigaretten und für die Kinder keine Süßgetränke.
Zudem war die Ansage an die Kinder klar und verständlich. Bis Ostern wird nicht genascht (außer heimlich). Selbst das geliebte Brot mit Zucker am Nachmittag entfiel. Und das alles, obwohl es in den 50er- und 60er-Jahren weder Überfluss noch Verschwendung gab. Fernseher waren ohnehin eine Rarität, dafür genügend Platz in der Natur. Auch Kinder sollten lernen zu verzichten.
Nach wie vor ist die Fastenzeit ein geeigneter Zeitraum für Einkehr und Reflexion. Die genussreiche Zeit von Advent, Weihnachten, Jahreswechsel und... Karneval stärkt den Wunsch nach Veränderung der Lebensweise. Zumindest für eine gewisse Zeit. Kein Alkohol, weniger Zigaretten, Vermeidung von Fetten und zuviel Zucker, Schluss mit Übergewicht und Unwohlsein.
Da kommt die Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern doch ganz gelegen. Auch die Erinnerung an die Vorsätze des vergangenen Jahres sind wieder präsent. Jetzt geht es um gesunde Ernährung oder sogar einige Tage Heilfasten. In einer netten Gemeinschaft mit einem abwechslungsreichen Programm geht das Fasten noch einfacher. Mehr Ruhe und Entschleunigung hilft, auf andere Gedanken zu kommen. Und es gibt ja eine Belohnung, individuelles Wohlbefinden, Gesundheit und Fitness. Dagegen ist auch nichts einzuwenden.
Die Fastenzeit kann mehr
Fasten kann mehr als Einkehr, Reflexion und Steigerung des individuellen Wohlbefindens. Die Bewahrung der Schöpfung, der Lebensraum für künftige Generationen, Pflanzen und Tiere muss unser Handeln mehr denn je bestimmen. Und natürlich hat das etwas mit Verzicht zu tun. Unsere Lebensweise, das Wohnen, die Ernährung, die Mobilität, der Tourismus, der Gebrauch von Social Media und auch das Streamen von Musik und Filmen usw. hinterlassen einen individuellen CO₂-Fußabdruck. Einen Fußabdruck einer Gesellschaft, in der es jung und alt überwiegend gut geht. Das unterscheidet uns von vielen anderen Gesellschaften weltweit, die auch nach mehr Lebensqualität und Wohlstand streben.
Deshalb brauchen wir mehr Sensibilität für globale Zusammenhänge, Klimaschutz und Verteilungsgerechtigkeit. Nur ein Aspekt: Energie, die uns ein so gutes Leben ermöglicht, wird noch lange Zeit auch aus fossilen Brennstoffen erzeugt und damit die Erderwärmung negativ beeinflusst.
Verzichten, Fasten und Fastenzeit... sind auch eine Einladung für mehr Nachhaltigkeit in der Lebenführung.
Wolfgang Pantförder
VON WOLFGANG PANTFÖRDER, BÜRGERMEISTER A.D.
Wolfgang Pantförder
• geboren 1950
• 1999-2014 Bürgermeister der Stadt RE
• bereits seit Juni 2014 in Pension
• verheiratet mit Barbara Pantförder.
• Zwei Kinder
• mittlerweile vier Enkel (die das neue Leben als Pensionär fordern und bereichern): Leonore, Clementine, Jakob und Frida
• tätig für mehrere soziale + christliche Stiftungen