Vermutlich ,,springen sie nicht auf den ersten Blick ins Auge" - aber die kirchlichen Einrichtungen und ,,Betriebe" gehören zu den größten Arbeitgebern in der Stadt: Etwa 2.500 Mitarbeitende sind allein katholischerseits z. B. in beiden Krankenhäusern, dem Caritasverband, dem Sozialdienst Katholischer Frauen, in Altenheimen, dem Hospiz, in Pfarreien, 21 Kindergärten, Jugendeinrichtungen, drei Schulen oder im ,,Gasthaus" tätig. Fast jeder Bürger wird schon einmal Kontakt zu ihnen gehabt haben.
Was ist nun das Besondere an katholischen Einrichtungen? Das fragten sich die Mitglieder der Kommission "Glauben entwickeln und leben bei der Arbeit beim christlichen Träger" des Stadtkonzils Recklinghausen im Jahr 2017. Gibt es einen Unterschied in der Tätigkeit in katholischen oder in anderen Krankenhäusern oder Schulen? In der praktischen Alltagsarbeit wird es keine großen Differenzen geben. Da werden alle Mitarbeitende versuchen, ihr Bestes zu geben.
Dabei haben viele Einrichtungen, wie z.B. die Krankenhäuser, ihre ältesten Wurzeln in christlichen Initiativen. Und bis heute verstehen diese ihre Arbeit im Rahmen des Sendungsauftrags der Kirche als Dienst an den Menschen. Deshalb regeln sie ihre Angelegenheiten in eigener Verantwortung. Diese Eigenverantwortung ist durch die Verfassung geschützt. Dazu gehört auch ein eigenes Arbeitsrecht. Bereits 2017 hat das Recklinghäuser Stadtkonzil beschlossen, dass und wie diese Mitwirkung unterstützt werden soll. Damit waren wir weit vor der Welle", die sich aktuell mit der bundesweiten Neufassung der Grundordnung des kirchlichen Dienstes Rahmen im kirchlicher Arbeitsverhältnisse" aufbaut.
Immerhin ist die Grundordnung die wichtigste Rechtsquelle des Kirchenarbeitsrechts. Ihre nun zwölf Artikel bilden die Grundpfeiler der Arbeitsverfassung. Sie gilt bundesweit für etwa 800.000 Mitarbeitende. Es gibt gute Gründe für diese Novellierung. Dies gilt vorallem für die - in weiten Teilen gelungene - Lösung von der als „Misstrauensordnung" verstandenen Vorgängerin von 2015: Der Grundsatz lautet, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, rechtlichen Bewertungen entzogen bleibt.
Es bleibt - nicht überraschend - die Anforderung der Kirchenmitgliedschaft, die nach wie vor diskutiert wird. Kritiker dieses Arbeitsrechts verweisen auf das biblische Gleichnis vom barmherzigen Samariter - einem nach zeitgenössischem Verständnis Ungläubigen". Tatsächlich sind schon lange auch nichtkatholische Mitarbeiter willkommen. Der Kirchenaustritt ist aber ein Hindernis bei der Einstellung oder Weiterbeschäftigung. Eine solche bewusste und willentliche Distanzierung verstößt gegen eine Mindestidentifikation mit der Kirche. Solche Regelungen gibt es übrigens durchaus vergleichbar auch in ,,weltlichen Bereichen".
Ganz zentral ist, dass statt der umfassenden Anforderungen an die Persönlichkeit des einzelnen Mitarbeitenden nunmehr die Identität der jeweiligen Einrichtung im Vordergrund steht: Was ist der besondere, spezifische Sendungsauftrag für die Menschen? Nur mithilfe einer positiven Strahlkraft ist die Besonderheit, die Wettbewerbsfähigkeit kirchlicher Einrichtungen überzeugend. Der Theologe Paul Zulehner nennt dies die „Selbstspiritualisierung". Bereits 2012 verpflichtete der verstorbene Papst Benedikt XVI. in seinem Schreiben „Über den Dienst der Liebe" kirchliche Träger zum Nachdenken und zur Formulierung ihrer Leitmotive und Ziele. Dabei gibt es jetzt eine bemerkenswerte Neuerung: Die Einrichtungen sollen Mitarbeitende durch geeignete spirituelle Angebote fördern und ihre individuelle Glaubensbildung und -vertiefung ermöglichen. Die Bistümer erwarten nicht nur die Bereitstellung solcher Angebote, sondern verpflichten zugleich sich selbst, die Träger bei der Umsetzung zu unterstützen. Spiritualität ist demnach ebenso ein zentrales Thema der neuen Grundordnung wie es schon bei unserem Stadtkonzil 2017 formuliert wurde. Im entsprechenden IV. Beschluss „Glauben entwickeln und leben bei der Arbeit beim christlichen Träger" finden sich gute Vorschläge. Andreas Volmer