„Wir suchen Dich“, „Deine Aufgaben sind“, „Wenn Du in einem dynamischen Team arbeiten willst, bewirb Dich jetzt“: Längst duzen nicht mehr nur Startups ihre Bewerberinnen und Bewerber. Auch etablierte Unternehmen sprechen sie in Stellenausschreibungen mit Du an.
Viele Bewerberinnen und Bewerber reagieren darauf erst mal verunsichert, sagt Volker Klärchen, der als Karriere-Coach Klienten beim Bewerbungsprozess unterstützt. „Sie fragen sich zum Teil mit Mitte 30 schon, ob sie für diese Firma zu alt sind.“ Kein Wunder, lange war eine formale Ansprache mit „Sie“ in Bewerbungen üblich.
Eine Frage der Unternehmenskultur
Das „Du“ ziele nicht automatisch auf junge Mitarbeitende ab. „Daher sollten sich auch erfahrene Bewerberinnen und Bewerber von einer Du-Ansprache in der Ausschreibung nicht abschrecken lassen“, sagt Jennifer Gebhardt vom Personaldienstleister Hays. „Oft geht es darum, Zugehörigkeit zu erzeugen und Offenheit zu signalisieren.“
Bei manchen Firmen gehöre das einfach zur Unternehmenskultur. „Da duzen sich vom Vorstand bis zum Praktikanten dann alle“, so Gebhardt. Manche Firmen würden das aber auch aus Imagegründen machen, sagt Klärchen. „Sie wollen dann nicht so steif, sondern jung und locker wirken.“
Und sie wollen damit Bewerberinnen und Bewerber anlocken. „In einer Ausschreibung macht ein Unternehmen Werbung für sich“, sagt Vanessa Thalhammer, Pressesprecherin bei der Bundesagentur für Arbeit. „Die Beschreibungen zur Tätigkeit und zum Unternehmen, aber auch die Ansprache entscheiden darüber, ob sich Bewerberinnen und Bewerber überhaupt intensiver über das Unternehmen informieren.“
Die passende Ansprache finden
Im Normalfall sollte man in der schriftlichen Bewerbung Ansprechpartner mit „Sie“ anschreiben, rät Thalhammer. So erfülle man die offiziellen Formalien einer Bewerbung und gehe sicher, dass diese Ansprache von allen als angemessen empfunden werde.
„Eine Ansprache mit „Du“ empfehlen wir nur, wenn die Bewerberin oder der Bewerber ganz sicher ist, dass sich in dem Unternehmen über alle Hierarchieebenen hinweg die Mitarbeitenden mit „Du“ ansprechen.“ Zum Beispiel weil er oder sie dort vor der Bewerbung ein Praktikum gemacht hat. Oder wenn der Ansprechpartner oder die Ansprechpartnerin persönlich bekannt sind.
Duzen ist kein Muss
Diese Einschätzung teilt Klärchen nicht ganz: „Sobald die Firma einen duzt, darf man auch duzen.“ Aber das ist kein Muss. Es sei völlig in Ordnung, etwa künftige Vorgesetzte im Anschreiben zu siezen.
Wichtig sei nur, dass Bewerber die Ansprache wählen, mit der sie sich wohlfühlen. Spätestens im Bewerbungsgespräch würde das sonst komisch auffallen. „Sie sollten authentisch bleiben“, so Klärchen.
Ansprache ist nicht alles entscheidend
Wer sich fürs Duzen entscheidet, sollte darauf achten: „Der Ton sollte auch bei einer Du-Ansprache auf einer professionellen Ebene bleiben“, sagt Gebhardt.
Noch wichtiger sei ohnehin Individualität, so die Expertin. Die Bewerbung muss auf die Stelle und die Firma zugeschnitten sein. „Schildern Sie Ihre Motivation, warum Sie auf den Job Lust haben. Erklären Sie, woher Sie Ihre Fähigkeiten und Begeisterung für die Tätigkeit haben.“
Bewerbungsgespräch
Kommt eine Einladung zum Bewerbungsgespräch, rät Klärchen: „Sie oder Du – sprechen Sie diesen Punkt am besten gleich am Anfang an.“ Sonst frage man sich ständig, ob man das Gegenüber nun duzen oder siezen soll und ist vom eigentlichen Inhalt abgelenkt. „Nachfragen ist legitim“, sagt auch Gebhardt.
Man könne sagen: „Sie haben in der Stellenanzeige die Du-Form gewählt. Jetzt wollte ich mich höflicherweise erkundigen, ob wir uns heute auch duzen wollen.“ Oft stellen sich die Ansprechpartner ohnehin zuerst vor, dann erledige sich dieser Punkt meist von alleine. dpa